Der Verband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen des Burgenlandes (VEV Bgld) fordert Fairness, Klarheit und Sicherheit für alle Maturantinnen und Maturanten – Entfall der schriftlichen Zentralmatura

In „normalen“ Zeiten wäre um den 20. April Notenschluss – ein Zeitpunkt, zu dem aus heutiger Sicht ein normaler Schulbetrieb noch nicht möglich sein wird. Klarheit und Sicherheit insbesondere in Hinblick auf die Zentralmatura wären daher dringend notwendig – jetzt!

Den Medien ist zu entnehmen, dass die Überlegungen von Bundesminister Faßmann vorsehen, die Zentralmatura auf (zumindest) 18. Mai zu verschieben. Laut Pressekonferenz der Regierung (6.4.2020) sollen Schulen bis Mitte Mai geschlossen bleiben, die Matura aber unter besonderen, nicht näher spezifizierten Vorkehrungen stattfinden. Gerade in dieser speziellen Situation vermissen sowohl Eltern als auch Schüler einen Dialog auf Augenhöhe. Sie haben viel mehr den Eindruck, dass das BMBWF auf keinen Fall abweichen möchte vom normalen Weg der SRDP (Zentralmatura), also ohne Rücksicht auf die derzeitige Ausnahmesituation.

Der VEV Bgld nimmt daher Verantwortung wahr und fordert ein Abgehen von der Matura in gewohnter Form, weil sie in einer für alle Schülerinnen und Schüler fairen Form nicht gewährleistet werden kann. Der VEV Bgld. sieht seine Forderungen durch Umfrageergebnisse der burgenländischen Schülervertretung, Onlinepetitionen und auch namhafte Bildungsexperten (Professoren Hopmann und Schluß, Universität Wien) und anhand ähnlicher Entscheidungen in anderen Ländern ( Europa, USA, Kanada, Länder in Asien) bestätigt.

Folgende Forderungen sollten erfüllt werden:

  • Schrittweise Druck bezüglich Maturadurchführung rausnehmen
  • Sicherstellen der Möglichkeit zur Erlangung positiver Abschlusszeugnisse
    Entfall der schriftlichen Matura – Durchschnittsnoten aus den bisher erbrachten Leistungen und individuelle Möglichkeiten zu einer Verbesserung
  • So soll den jungen Menschen endlich die Perspektive eines normalen Schul-/Studienbeginns mit September gegeben werden.

 

Warum ist die Durchführung einer Matura zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr notwendig?

Im März und April wird in Fächern der schriftlichen Matura kein neuer Stoff unterrichtet, sondern das mehrstündige Format geübt. In den “Nebenfächern“ wird bereits inhaltlich auf den Katalog der Maturafragen eingegangen, und nur mehr teilweise „Neues“ unterrichtet. Bei jenen Fächern, die weder mündlich noch schriftlich gewählt werden, geht es vielleicht noch um „ein paar Seiten Stoff“, bzw. Vorbereitung auf letzte Schularbeit.

Es muss jetzt endlich allen Maturantinnen und Maturanten die Möglichkeit gegeben werden, dieses Schuljahr positiv abzuschließen. Allen Maturantinnen und Maturanten, die im Moment in einem Fach negativ sind, beziehungsweise ausständige Feststellungsprüfungen haben, muss durch Erfüllung von Arbeitsaufträgen oder ähnlichem noch in diesem Sommersemester die Möglichkeit geben werden, zu einem positiven Abschlusszeugnis zu gelangen. Darüber hinaus sollte man darüber nachdenken, wie man den Maturantinnen und Maturanten die Möglichkeit bieten kann, ihre Noten zu verbessern.

Zuletzt sollte auch bedacht werden, dass bereits abgegebene vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA), sowie Diplomarbeiten bis Ende April korrigiert und benotet zurückgegeben werden sollen, damit sich die Personen, die die VWA- oder Diplomarbeitspräsentation abhalten wollen, zeitgerecht darauf vorbereiten können. Dies kann auch in Zeiten der Digitalisierung per Videochat erfolgen um die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler sowie des Lehrpersonals zu gewährleisten.

Warum ist die Durchführung einer Matura zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr fair?

“Eine Matura, wie sie in den letzten Jahren stattgefunden hat, kann in diesem Jahr, durch die Covid-19 Krise nicht mehr unter fairen Bedingungen stattfinden. Viele Schülerinnen und Schüler stehen momentan unter großem psychischen Druck und haben durch die geänderten finanziellen, beruflichen, gesundheitlichen und psychischen Ausnahmesituationen ihrer Familien schwer zu kämpfen. Sozioökonomisch schlechter gestellte Familien sind klar im Nachteil, weil die benötigte Infrastruktur Zuhause zum Teil nicht vorhanden ist oder mit mehreren Personen geteilt werden muss”, stellt Pascal Kettenhummer, AHS Landesschulsprecher im Burgenland (und selbst Maturant), fest.

Der Landesschulsprecher hat versucht, mit allen 29 höheren Schulen seines Bundeslands in Kontakt zu kommen und die Stimmung abzufragen. Das Ergebnis war eindeutig – nach drei Wochen E-Learning haben sich die Maturanten von 22 Schulen mehrheitlich für eine Durchschnittsmatura ausgesprochen. Die Erfahrungen mit Homeschooling sind sehr verschieden, nicht wenige klagen darüber, von Arbeitsaufträgen überlastet zu sein.

„In den letzten Tagen wurden viele Maturantinnen und Maturanten persönlich zu diesem Thema befragt und aus Gesprächen mit Expertinnen und Experten sind wir, als Landesschülervertretung Burgenland, zu dem Entschluss gekommen, dass die Matura nicht in gewohnter Form durchgeführt werden kann. Dreiviertel der Maturantinnen und Maturanten im Burgenland würden es befürworten die schriftliche Matura abzusagen, und die schriftlichen Prüfungen durch Durchschnittsnoten zu ersetzen. Außerdem sollte es für die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit geben, die Durchschnittsnoten durch eine mündliche Prüfung zu verbessern.“, so Pascal Kettenhummer.

Diese Forderung sieht auch Univ.-Prof. Dr. Henning Schluß (Institut für Bildungswissenschaft, Universität Wien) als besonders wichtig an, vor allem für schwächere Schülerinnen und Schüler, und meint weiter: „Gerade Schülerinnen und Schüler auf der Kippe, haben auf den letzten Metern zur Zulassung zur Matura immer wieder erstaunliche Leistungsfähigkeit gezeigt. Dieser ‚Endspurt‘ gehört für Lehrer*innen wie Schüler*innen zum letzten Schuljahr hinzu und alle rechnen damit. Wenn nun die üblichen Möglichkeiten des Ausbesserns von schlechten Vornoten fehlen, kommt es zu einer erheblichen Verzerrung. Viele von denen, die die Matura – vielleicht nicht mit Bestnoten – aber eben doch bestehen würden, werden unter den gegenwärtigen Umständen gar nicht zur Matura zugelassen.”

Univ.-Prof. Dr. Stefan Hopmann(Institut für Bildungswissenschaft, Universität Wien) hat in einem Gespräch mit der Tageszeitung Der Standard (1.4.2020) klar gefordert: „Es darf keine Schularbeiten, Tests und natürlich auch keine Matura geben, weil sie alle im derzeitigen Ausnahmezustand pädagogisch verantwortungsvoll nicht durchführbar sind.“ Sein Vorschlag wäre, die Maturanote 2020 als Durchschnittsnote aus den in der siebenten und achten Klasse erbrachten Leistungen zu errechnen, eventuell ergänzt mit mündlichen Online-Prüfungen, wobei sich niemand verschlechtern dürfe. Der VEV Bgld schließt sich diesem Vorschlag an.

Dr. Susanne Schmid vom VEV Burgenland fasst abschließend zusammen: “Es ist nun endlich an der Zeit, Druck aus der ganzen Situation raus zu nehmen und sowohl MaturantInnen als auch Eltern zu entlasten, da sich viele aus verschiedenen Gründen in familiären Ausnahmesituationen befinden. Wir brauchen jetzt alle eine Perspektive für einen unbelasteten Neuanfang im Herbst. Aufnahmeverfahren an Universitäten und Fachhochschulen im In- und Ausland beruhen immer auf mehr Säulen – Maturazeugnis, Zeugnis der letzten 2 Jahre, Aufnahmetests, persönliche Gespräche. Durch die Möglichkeit der Noten-Verbesserung wäre alles ausgeglichen.“

Sollte in Österreich die Zentralmatura nicht durchgeführt werden, wäre das nicht außergewöhnlich: Auch im Vereinigten Königreich (England, Schottland), in Frankreich, Norwegen, Niederlande, in Asiatischen Ländern und in Bundesstaaten in den USA werden derzeit Maturaprüfungen abgesagt.

Rückfragen:
Dr. Susanne Schmid
VEV Burgenland
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Verband der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen des Burgenlandes e.V.
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